Derzeit bemerken Praxen/MVZ einen deutlichen Rückgang der Patientenzahlen. Insbesondere Termine für Früherkennungsuntersuchungen, Nachsorgetermine und Routinekontrollen werden verschoben bzw. abgesagt. In einigen Fachbereichen betrifft das über 50% der normalen Tätigkeit.
Während die Klinikärzte als „Heroes“ gefeiert werden, wird der große Beitrag der niedergelassenen Ärzte kaum wahrgenommen und in den Medien nur am Rande erwähnt.
„Das Wartezimmer einer Arztpraxis ist kein Aufenthaltsraum für Menschen mit ansteckungsfähigen Krankheiten.“
„Arztbesuche: Patienten sollten nach Möglichkeit nur in medizinisch dringenden Fällen zum Arzt gehen.“
„Ziel ist es, nicht unbedingt notwendige Patientenkontakte in den Praxen zu vermeiden.“
Die Medien schüren die Angst vor Arztkontakten und was machen die Praxen? Sie verlassen sich auf einen Schutzschirm der Kostenträger. „Um die ambulante Versorgung der Bevölkerung während der Coronavirus-Pandemie auch bei reduzierter Inanspruchnahme durch Patienten zu sichern und drohende Praxisschließungen abzuwenden, erhalten Praxen Umsatzgarantien. Sie haben zudem Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für extrabudgetäre Leistungen wie Früherkennungsuntersuchungen und ambulante Operationen. Dafür muss allerdings der Gesamtumsatz ihrer Praxis (EGV und MGV) um mindestens zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal sinken und die Fallzahl zurückgehen“.
Mit 10% Verlust bei den GKV Patientinnen kann die Praxis/MVZ überleben. Die Umsatzrückgänge bei Selbstzahlern (incl. Igel-Leistungen) sind gravierender. Ist allen Ärzten klar, dass ein Umsatzrückgang von 20% einen Gewinnrückgang von 50% bedeuten kann? Speziell in der Einzelpraxis kann dies zu Liquiditätsengpässen führen, die kein Schutzschirm verhindert. In Krisenzeiten werden Mediziner mit erheblichen Unterbrechungen ihrer Kerntätigkeit konfrontiert und sind genötigt – unter Druck gesetzt – eine Reihe schwieriger Entscheidungen zu treffen. Einige werden taktischer Natur sein, um ihre Institutionen funktionsfähig zu halten, andere sind eher strategische Ansätze, d.h. Überlegungen anzustellen, wie sich die Tätigkeit nach der Krise entwickeln wird. In der aktuellen Situation sollten sich die Verantwortlichen auf zwei Themen konzentrieren: 1) wie kann man kurzfristig auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Patientinnen eingehen und 2) wie wird man langfristig in einer „neuen Normalität“ den Praxisbetrieb organisieren.
Die Vorstellung es gäbe ein zurück in den alten Normalzustand, zum „Business as usual“, ist verführerisch, aber auf absehbare Zeit unrealistisch. Jetzt können Praxen/MVZ in den Phasen der Krise Freiräume nutzen, um nach Antworten zu suchen, welche ausgewogen und durchdacht dazu beitragen, die Institution unter schwierigen Bedingungen relevant zu halten. Und dies selbst wenn zu den beruflichen Belastungen Sorgen über die persönliche und familiäre Gesundheit hinzukommen.
Warum es geht: Keeping people connected!
Jetzt besteht die Gelegenheit, sich für die Zukunft zu positionieren.
Die Pflege von privaten und beruflichen Beziehungen hat sich inmitten einer Politik der sozialen Distanzierung auf digitale Kommunikation verlagert. Praxen/MVZ hätten die Möglichkeit auf ihren Webseiten zu verdeutlichen, dass ein Besuch in ihrer Arztpraxis nicht gefährlicher ist als der Besuch im Supermarkt. Ein Schild am Praxiseingang: „Fassen Sie sich kurz! Körperliche Untersuchung sind nur im Notfall möglich“ fördert nicht das Vertrauen in die ärztliche Kompetenz. Wo bleibt ärztliches Engagement und Anpassungsbereitschaft? Warum gibt es keine Einzelsprechstunden am Abend? Warum kein Erklärungen zum Hygienekonzept für einen sicheren Aufenthalt im Wartezimmer? Jetzt kann Vertrauen und Bindung gestärkt oder verspielt werden.
Raum für zukunftsweisende Ideen ist ausreichend vorhanden. Diejenigen, die sie erfolgreich umsetzen, werden gestärkt aus der Krise herauskommen.