Die Illusion der Gewissheit

Wir ertrinken in Informationen, aber hungern nach Wissen (J. Naisbitt). Um Gewissheit zu erlangen bedienen wir uns bei der unüberschaubaren Menge an Informationen der Datenanalyse, die uns helfen soll nichts zu verpassen, von Entwicklungen nicht überrascht zu werden.

Erste Erfahrungen sammelte das Militär. Um unerwarteten Bedrohungen vorzubeugen, betreiben die US-Streitkräfte koordinierte Aktivitäten in den Bereichen Nachrichtendienst (Intelligence), Überwachung (Surveillance) und Aufklärung (Reconnaissance) zur unmittelbaren Unterstützung eines Einsatzes. Vor jeder Mission läuft eine möglichst umfassende Sammlung von Informationen über potentielle Variablen im Umfeld ab. Danach erst werden Entscheidungsoptionen abgewogen. Um Entscheidungsfindung und Führungsfähigkeit zu optimieren, wurden immer mehr Daten gesammelt, von Nachrichtendienstinformationen über die weltweite Überwachung, Entschlüsselung und Auswertung elektronischer Kommunikation bis hin zur Bildauswertung von Spionageflugzeugen und -satelliten.    

Dadurch hat sich die Menge der erhobenen Daten vervielfacht. Viele Fakten enthalten regelhaft Widersprüche. Ungereimtheiten blockieren eher die Entscheidungsfindung.

Deshalb wurden Algorithmen entwickelt um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und Widersprüche zu eliminieren. Die durch KI „gefilterten“ Daten waren ebenfalls nur im Stande  beschränkte Entscheidungsunterstützung zu bieten. Man vermag in großen Datenmengen Muster zu erkennen, doch für den konkreten Fall bleiben diese Erkenntnisse meist nutzlos. Die größte Gefahr besteht bei Entscheidungen in der Illusion einer Gewissheit.

Das Militär war die erste Institution, die erkannt hat, dass eine ungezielte Datensammlung Datenmüll produziert, den man nicht unbefugt vernachlässigen darf, sondern genötigt ist ihn sorgfältig auszusieben.

Das Ausspähen der Kunden ist in der Wirtschaft alltäglich geworden. Track and Check. Im Bereich „Small Business“ basieren Entscheidungen auf einer limitierten Datenanalyse, ergänzt durch Erfahrung und Intuition. Das muss kein Nachteil sein. So vermeidet man die Gefahr der Überheblichkeit, die aus vermeintlicher Gewissheit entsteht.

Die moderne Hirnforschung liebt es, von revolutionär neuen Erkenntnissen zu sprechen (Mind Control). In nicht wenigen Fällen entdecken sie keine grundstäzliche Neuigkeiten, sondern bestätigen etwas, das schon die Lebenserfahrung mit Lebensklugheit lehrt. 

 „Lerne zeitig klüger zu sein!“ (Goethe). Lassen sie sich bei Entscheidungen nicht nur von Daten treiben, aber beachten Sie die Daten, die Ihnen zur Verfügung stehen, erst recht wenn es nicht viele sind. Profitieren Sie vom Nutzen der Nachdenklichkeit. Nehmen Sie sich Zeit über wichtige Entscheidungen nachzudenken. Oft kommt der Entscheidungsdruck von innen.
Vermeiden Sie spontane nicht abgestimmte Aktionen in wichtigen Fragen. Kommunizieren Sie intensiv mit Ihrem Team. Fragen Sie vertraute  Menschen, die Ihre Leistungen in Anspruch genommen haben. Wenn Sie eine Entscheidung getroffen haben bleiben Sie dabei. Nur gravierende Änderungen der Rahmenbedingungen rechtfertigen kurzfristige Kurskorrekturen. Andernfalls laufen Sie Gefahr als verwirrte Führungskraft wahrgenommen zu werden.

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Portraitfoto von Prof. Dr. med. H.-Peter Scheidel
Über Peter Scheidel

Prof. Dr. med. Peter Scheidel war von 1989 bis 2008 Chefarzt der Frauenklinik im Marienkrankenhaus Hamburg und von 2009 bis 2017 Leitender Arzt im  Mammazentrum Hamburg – 2017 ausgezeichnet mit dem German Brand Award.
Seit 2018 bietet er verhaltenes Mittun beim erfolgreichen und verantworteten unternehmerischen Handeln im Bereich der Gesundheitswirschaft