“Grübel, grübel und studier!”

Mit unseren Gedanken verfahren wir gelegentlich wie Kühe mit ihrer Nahrung. „Rumination“ ist der biologische Fachbegriff für das Wiederkäuen (Kühe verdauen mehrfach: Um auch die hartnäckige Zellulose zu zerlegen, würgen sie in Ruhephasen die Nahrung nochmals in die Mundhöhle, um darauf herumzukauen).

In der klinischen Psychologie versteht man darunter das menschliche Grübeln über Unglück, Pech oder Missgeschicke. Beim Ruminieren werden Situationen aus der Vergangenheit immer wieder wachgerufen, man brütet über Dinge, die schief gelaufen sind, und denkt lange über eigene Schwächen nach. Im Unterschied zur Kuh werden Menschen beim Ruminieren traurig und sie fühlen sich ihren unkontrollierbar erscheinenden Gedanken ausgeliefert. Das ist m.E. oft temporär als Reaktion auf Schicksalsschläge per se nicht schädlich, wenn es mit Achtsamkeit begleitet wird.

Eine Studie in China sollte untersuchen, ob ein prosoziales Verhalten Personen mit hoher Tendenz zum Grübeln hilft, ihre Achtsamkeit zu verbessern. Im Ergebnis zeige sich, dass ein prosoziales Verhalten einen signifikanten, mäßigenden Effekt auf reflektierendes Grübeln aufweist.

Schlussfolgerung der Autoren: Die Förderung von prosozialem Verhalten ist ein wirksames Mittel zur Verbesserung der Achtsamkeit bei Personen mit Anzeichen einer Neigung zu depressiven Verstimmungen, Angststörung oder Sozialphobie als Folge der Rumination.

Kommentar: Ich bin kein Fachmann, lese aber mit Aufmerksamkeit Hinweise, wie man Menschen hilft, ihre Gedanken besser zu kontrollieren. Bei einigen Patient*innen und auch Führungskräften ist mir aufgefallen, dass Wiederkäuen von Gedanken tatsächlich zu einer gängigen Denkweise als eine Art der Stressbewältigung geworden ist. Grundsätzlich würde ich den Ergebnissen der Studie zustimmen. Ein ungutes Gefühl verbleibt jedoch, wenn die Studie aus einer Gesellschaft veröffentlich wird, die prosoziales Verhalten als oberstes staatstragendes Prinzip einfordert wird.

*Prosocial Behavior bezeichnet eine intentionale und freiwillige Handlung, die darauf abzielt einer anderen Person Nutzen zu bringen (altruistische Motivation, Altruismus), selbst Nutzen daraus zu ziehen (egoistische Motivation) oder beides zu erreichen.

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Portraitfoto von Prof. Dr. med. H.-Peter Scheidel
Über Peter Scheidel

Prof. Dr. med. Peter Scheidel war von 1989 bis 2008 Chefarzt der Frauenklinik im Marienkrankenhaus Hamburg und von 2009 bis 2017 Leitender Arzt im  Mammazentrum Hamburg – 2017 ausgezeichnet mit dem German Brand Award.
Seit 2018 bietet er verhaltenes Mittun beim erfolgreichen und verantworteten unternehmerischen Handeln im Bereich der Gesundheitswirschaft