Die Darstellung des Arztes in der Öffentlichkeit

Ärzte finden in den Medien selten Beachtung. Nur wenn sie durch spektakulären Aktionen auffallen oder an diesen beteiligt sind, finden sie Eingang in die Berichterstattung. So waren es die Herzchirurgen Denton Cooley und Michael Ellis DeBakey – deren Rivalität ich als junger Assistent aufmerksam verfolgt habe -, welche mehrere Seiten z.B. im „Stern“ mit ihren Storys füllen konnten. Später war es dann Christian Barnard, der 2004 hinter Nelson Mandela auf Platz 2 der Liste der 100 größten Südafrikaner aller Zeiten gewählt wurde. Barnard wurde endgültig zum Medienstar, als er mit einem bekannten Nacktmodell im Arm auf der Titelseite einer Illustrierten zu sehen war. In unserem Fachgebiet war es Robert Edwards, Genetiker und Pionier auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin. Der nicht unwesentliche Beitrag des Gynäkologen Patrick Christopher Steptoe fand kaum Beachtung. Ich selbst habe erlebt wie ein Übertragungswagen von RTL vor der Klinik aufgefahren wurde und Reporter versuchten über Leitern in die Klinik zu gelangen, wo sich eine prominente Wöchnerin befand, die Informationen über die Schwangerschaft und Geburt exklusiv an eine Boulevard Zeitung verkauft hatte. Weniger aggressiv aber nicht weniger drängend, verhielten sich Journalisten, als in unser Klinik ein 12-jähriges Mädchen entbunden wurde. Das Interesse fokussierte sich auf die Frage, ob die Zeugung einvernehmlich erfolgt sei. Die ärztliche Leistung einer schonenden vaginalen Entbindung wurde nie erwähnt.

Medien verzerren das Arztbild der Gesellschaft. Ärzte wie Eckart von Hirschhausen präsentieren sich als Kabarettisten oder als zentrale Gestalt gegen den Mainstream, wie Dietrich Grönemeyer. Für ihn und andere Verfechter eigenständiger Medizinkonzepte wurde der Ausdruck Medizinunternehmer geprägt. Ein besonderer Fall war der Chirurg Julius Hacke-thal. Manche werden sich erinnern. Unglaublich aber wahr: Über Nacht mutierte der Landarzt Helmut Keller aus dem fränkischen Marktflecken Nordhalben mit Hilfe der Bild-Zeitung zum Krebsarzt der Nation.

Arztserien sind beliebt. Das Arztbild im TV orientiert sich am Ideal der Zuseher. Im Vergleich schneidet die Wirklichkeit dann oft deutlich schlichter ab. Wenn ein operativer Eingriff eigentlich problemlos und nach Plan verlaufen ist, zeigen sich PatientInnen nicht selten fast enttäuscht, weil sie mit einem dramatischeren Verlauf – natürlich mit gutem Ausgang – nach ihren TV Erfahrungen gerechnet haben.

In den Printmedien wurden hochrangige MedizinjournalistInnenen beim Ausscheiden nicht mehr ersetzt (Sparzwang). Das Thema Medizin wurde in allgemeine Wissenschaftsredaktionen verlagert. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Qualität der Berichterstattung hat deutlich nachgelassen. Ärztliche Berater sind zunehmend gefragt.

„Das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit ist einem dauerhaften Wandel unterzogen. Das Bild verliert seine Einheitlichkeit in dem Maße, in dem zunehmendes Wissen und technisches Vermögen eine Fülle an unterschiedlichen Spezialisierungen schafft. Die begleitenden notwendigen Regulierungen bewirken eine hohe Komplexität, in der das Berufsbild sich mit dem Standpunkt erheblich ändern kann. Die freiberufliche Eigenständigkeit des Arztes ist in der Komplexität immer weniger wahrnehmbar. Gleichzeitig hat das Bild des Arztes als „ein angemessener Begleiter“ seine Strahlkraft noch nicht eingebüßt.

U. Schwantes Der Wandel des Arztbildes in der Öffentlichkeit.

Um ein Bild eines hervorragenden Ansprechpartners in Krankheits- und Gesundheitsfragen durch Präsens in Print und TV zu fördern, leisten sich größere Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen immer häufiger einen (internen oder externen) Kommunikationsmanager. Er organisiert, um die positive Wahrnehmung und den Bekanntheitsgrad der Institution kontinuierlich wach zu halten, dass MedizinerInnen von den Medien als Experten zu einem aktuellen medizinischen Thema interviewt werden, in einer Tageszeitung eine Pressemeldung veröffentlicht wird, der Webauftritt und soziale Medien kontinuierlich gepflegt werden u.v.a.m. Da diese Kommunikationsexperten meist Angestellte der Institution sind, konzentrieren sie sich auf die Imagepflege der Institution und vernachlässigen zu häufig das Bild der verantwortlichen Ärzte/Ärztinnen. Freiberufliche Ärzte/Ärztinnen sind in dieser Beziehung freier, können oder wollen aber diese Freiheit nicht nutzen. Die Kosten für eine qualifizierte Medienbetreuung sind nicht unbeträchtlich. Ein Budget vom ca. 3-4 % des Umsatzes erscheint jedoch nicht unzumutbar. Das bedeutet für eine durchschnittliche Praxis ca. 5 T€. Damit könnten die Pflege Unternehmenswebsite, Social-Media-Präsenz und eventuell sogar ein Blog und Newsletter finanziert werden.

Wer als Arzt/Ärztin darauf verzichtet im Rahmen seiner Außendarstellung den Patienten, die Patientinnen in digitalen Medien sachlich über seine Qualifikation, Leistung und Ausstattung zu informieren, riskiert ein „old school“ Image. Grundsätzlich muss das nicht negativ sein. Wer auf die Mund-zu-Mund Propaganda vertraut, kann damit in seiner „Bubble“ erfolgreich bleiben. Die Neugewinnung und Bindung interessanter Patienten/Patientinnen geht anders.

Für Interessierte: In ihrer Dissertation beschreibt Ch. M. S. Laib, 2017 „Das Bild des Arztes und sein Auftrag in der Gesellschaft von 1949 bis zur Gegenwart im Spiegel des Deutschen Ärzteblattes.“

Bild. Photo by Austrian National Library on Unsplashund Steven Phillips Unsplash

Zurück zum Blog

Portraitfoto von Prof. Dr. med. H.-Peter Scheidel
Über Peter Scheidel

Prof. Dr. med. Peter Scheidel war von 1989 bis 2008 Chefarzt der Frauenklinik im Marienkrankenhaus Hamburg und von 2009 bis 2017 Leitender Arzt im  Mammazentrum Hamburg – 2017 ausgezeichnet mit dem German Brand Award.
Seit 2018 bietet er verhaltenes Mittun beim erfolgreichen und verantworteten unternehmerischen Handeln im Bereich der Gesundheitswirschaft